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„Nein, meine Suppe ess’ ich nicht!“ – sagte einst der Suppen-Kaspar. Und wie er machen es ihm viele Kinder zuhause nach, wenn ihnen etwas serviert wird, was sie nicht mögen. Dazu werden die Arme verschränkt, die Schultern hochgezogen, die Augenbrauen zusammengezogen und der Kinnbuckel angehoben. Eine absolute Trotzreaktion. Das Anheben des Kinnbuckels gehört in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Mimik (F3.5).

Was das Anheben des Kinnbuckels bedeuten kann

Neben dem beschriebenen Beispiel von Trotz kann dieses Signal auch auf weitere emotionale Zustände hinweisen. Allerdings müssen sowohl bei Trotz als auch bei Beleidigtsein Zeichen von Ärger auftreten. So weist das Anheben des Kinnbuckels auf folgende Zustände hin:

  • Trauer
  • aktivierende Trauer: der Kinnbuckel „zittert“, meist fängt die Person gleich an zu weinen
  • möglicherweise Mitgefühl, in Kombination mit weiteren Signalen wie bspw. einer leichten Kopfbewegung nach vorne
  • Nachdenken, in Kombination mit einem Pressen der Lippen

Ein leicht bis mittelstark angehobener Kinnbuckel signalisiert Traurigkeit – eine Emotion, die uns einerseits durchsetzungsschwächer wirken lässt, andererseits aber zwischenmenschliche Wärme transportiert. Ein stark angespannter Kinnbuckel, bei dem sich die Unterlippe nach vorne schiebt, transportiert primär die Botschaft: „Ich bin beleidigt“ – ein Signal für andere, dass wir uns nach innen zurückziehen. Gleichzeitig schreiben wir diesen Zustand eher Kindern zu. Dementsprechend kann dieser Ausdruck, wenn er als Muster im nonverbalen Ausdruck gezeigt wird, unreif wirken.

So erkennen Sie das Anheben des Kinnbuckels

  • der Kinnbuckel und die Unterlippe werden nach oben geschoben
  • es bilden sich kleine Grübchen auf dem Kinnbuckel
  • unter der Unterlippe kann sich eine Vertiefung bilden
  • wenn die Bewegung stark ist, schiebt sich die Unterlippe nach vorne

Beleidigt und trotzig

Wenn wir wie im eingangs erwähnten Beispiel beleidigt oder trotzig sind, zeigen wir nicht nur eine, sondern zwei Emotionen. Das Anheben des Kinnbuckels verdeutlicht Trauer, das Zusammenziehen der Augenbrauen Ärger. Sind wir beleidigt, herrscht die defensive Emotion Trauer im inneren Erleben vor, bei Trotz ist es die offensive Emotion Ärger. Beleidigtsein und Trotz sind daher sogenannte Mischemotionen.

Ob wir beleidigt reagieren, hängt dabei stark damit zusammen, welchen sozialen Status unser Gegenüber für uns hat. Ist er in einer (subjektiv empfundenen) machtvolleren Situation und ein „Angriff“ damit eher chancenlos, tendieren wir zum Rückzug und reagieren beleidigt. Aus diesem Grund beobachten wir Beleidigtsein so oft bei Kindern, die sich per se in der „schwächeren“ Situation gegenüber ihren Eltern befinden.

Quellen

Coan, J. A., & Gottman, J. M. (2007). The specific affect coding system (SPAFF). Handbook of emotion elicitation and assessment, 267-285.

Eilert, D. W. (2016). Mimik lesen (30-Minuten-Reihe) (4th ed.). Offenbach: Gabal.

Keltner, D., & Cordaro, D. T. (2017). Understanding multimodal emotional expressions: Recent advances in basic emotion theory. In J.-M. Fernández-Dols, J. A. Russell, J.-M. Fernández-Dols, & J. A. Russell (Eds.), The science of facial expression. (pp. 57-75). New York, NY, US: Oxford University Press.

Portmann, J. (2014). Schadenfreude and pouting. In J. W. Ouwerkerk & W. W. van Dijk (Eds.), Schadenfreude: Understanding Pleasure at the Misfortune of Others (pp. 242-256). Cambridge: Cambridge University Press.

Tiedens, L. Z. (2001). Anger and Advancement Versus Sadness and Subjugation: The Effect of Negative Emotion Expressions on Social Status Conferral. Journal of Personality and Social Psychology, 80(1), 86-94.

 

 

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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