Radiobeitrag

98.2 Radio Paradiso:
Dirk W. Eilert als Co-Moderator im LifeCoaching-Paradies am 14.06.2007

Lassen Sie Ihre Sorgen laufen!
– Gehen als kreative Problemlösung

Wer kennt das nicht!? Wir machen uns Sorgen über etwas, uns bedrückt ein Problem, ein schmerzliches Erlebnis dämpft unsere Stimmung oder vielleicht suchen wir verzweifelt nach der Lösung für ein Problem.

Wir stecken im wahrsten Sinne des Wortes fest. Dann gehen wir ins Freie und bewegen uns. Und mit der Bewegung kommt auch unser Inneres in Bewegung. Und schon bald fühlen wir uns wieder leichter und auch die Ideen sprudeln wieder.

Lassen Sie uns, um dieses faszinierende Phänomen zu beleuchten, eine kleine Reise in die Vergangenheit machen: Sorgen und auch schmerzliche Erlebnisse sind nichts Neues für die Menschheit. All das kannten schon die Menschen vor 20.000 Jahren. Sicherlich waren es damals andere Stressfaktoren als heute. Kämpfe mit anderen Stämmen oder wilden Tieren. Hungersnöte und Seuchen. Und wenn vier von uns alle paar Tage auf die Jagd gegangen sind, dann sind nur drei davon zurückgekommen. Wie sind die drei Verbliebenen mit diesem Trauma umgegangen? Und wie würden die, die überlebt haben, mit dem Schock umgehen, dem Tod nur knapp entronnen zu sein?

Es drängt sich also die Frage auf: Wie ist die Menschheit in den letzten 20.000 Jahren mit ihren Sorgen und Problemen umgegangen – vor dem Aufkommen der Psychotherapie?

Der menschliche Organismus verfügt über Selbstheilungskräfte. Wenn Sie sich in den Finger schneiden, heilt dieser Schnitt. Wenn Sie sich ein Bein brechen, dann heilt auch der Knochen wieder. Und wenn Sie sich eine Erkältung holen, werden Sie auch wieder gesund.

Und genauso wie Ihr Körper über Selbstheilungskräfte verfügt, so muss es auch einen angeborenen Mechanismus geben durch den Geist und Emotionen nach einem schmerzlichen Erlebnis heilen! Und diesen Mechanismus gibt es. Es sind die so genannten REM-Phasen. REM steht für Rapid Eye Movement – schnelle Augenbewegungen. Diese treten auf, wenn wir schlafen und helfen uns unsere Tageseindrücke zu verarbeiten. Wie sagt der Volksmund: Schlaf eine Nacht darüber, dann sieht die Welt wieder anders aus. Manchmal reichen die normalen REM-Phasen aber nicht aus, um seelische Wunden zu heilen.

Aber wenn wir Menschen uns in den letzten 20.000 Jahren nicht immer wieder von psychisch-emotionalen Schlägen erholt hätten, dann hätte die Gesellschaft immer schlechter funktioniert. Was ist also das Geheimnis unserer Vorfahren?

Das Geheimnis lautet: Bewegung.

Und bewegt haben wir uns vor 20.000 Jahren reichlich. Heute dagegen leben die meisten von uns eher unbewegt.

Das Gehen ist die ursprünglichste und natürlichste Artder Fortbewegung. Vor 10.000 Jahren haben wir beim Jagen und Sammeln täglich 10 bis 50 km zurückgelegt. Heute bewegen sich 80 Prozent der Mitteleuropäer weniger als 1 km pro Tag. Natürlich mit fatalen Folgen für unsere körperliche Gesundheit, aber auch – und das wissen die wenigsten – mit fatalen Folgen für unsere emotionale Gesundheit.

Wenn Sie eine Wunde sauber und trocken halten, dann beschleunigt das den Heilungsprozess. Und genauso beschleunigt ganz normales Gehen den emotionalen Heilungsprozess, und fördert Ihr mental-emotionales Wohlbefinden.

Wie funktioniert das? Wie kann Gehen einen Einfluss auf Ihr mental-emotionales Wohlbefinden haben? Die Antwort darauf finden Sie, wenn Sie sich anschauen, was die REM-Phasen – die ja nachweislich Ihr emotionales Wohlbefinden fördern – mit dem Gehen gemeinsam haben. Das gemeinsame Wirkungsgeheimnis der REM-Phasen und des Gehens lautet: Bilateralität.

Unter Bilateralität verstehe ich eine abwechselnde Aktivierung der linken und rechten Gehirnhälfte. Genau dies geschieht während der REM-Phasen im Schlaf und sorgt dafür, dass Sie Stress verarbeiten und Ihr mental-emotionales Gleichgewicht nach einem schmerzlichen Erlebnis wiederhergestellt wird.

Und genau das Gleiche passiert völlig natürlich durch die abwechselnde Bewegung beider Körperhälften, wie zum Beispiel beim Gehen. Und auch eine andere bilaterale Übung werden viele von Ihnen schon aus meinen letzten Sendungen kennen: Die Butterfly-Technik.

Der Steinzeitmensch hat also seine Sorgen und emotionalen Verletzungen beim Laufen auf ganz natürlich Weise geheilt.

Bei 20.000 Schritten am Tag passiert das so einfach nebenbei.

In der heutigen Zeit macht aber der Otto-Normalverbraucher nur noch etwa 2.000 bis 4.000 Schritte am Tag. Das reicht weder für den Erhalt der körperlichen Gesundheit aus noch für die Förderung des emotionalen Gleichgewichts. Schon allein um körperlich langfristig gesund zu bleiben und die Gefahr chronischer Krankheiten zu verringern, sollten Sie jeden Tag mindestens 10.000 Schritte gehen. Um erfolgreich abzunehmen, sollten Sie sogar zwischen 12.000 und 20.000 Schritten gehen.

Wie können Sie jetzt aber über die körperliche Gesundheit hinaus das Gehen oder auch Laufen einsetzen, um sich von Ihren Sorgen und emotionalen Belastungen zu befreien?

Bevor wir diese Frage beantworten, vorweg noch ein anderer wichtiger Aspekt. Die bilaterale Aktivierung des Gehirns beim Gehen bewirkt natürlich nicht, dass Sie Ihre Sorgen und emotionalen Belastungen vergessen oder sie einfach verschwinden. Es heißt vielmehr, dass Sie sie in einem neuen Licht sehen, sie anders verstehen und das, was Sie so viele Nerven gekostet hat, jetzt relativieren können.

Wenn Sie das Gehen einsetzen wollen, um schmerzliche Erlebnisse zu verarbeiten oder auch um belastenden Gedanken das Gewicht zu nehmen, gehen Sie einfach wie folgt vor.

Wählen Sie zunächst ein Thema aus, das Sie bearbeiten möchten. Das können vergangene schmerzliche Erlebnisse sein, Kränkungen, Gefühle von Ärger bis hin zu Sorgen, die Sie sich um ein bestimmtes Thema machen.

Dann fassen Sie bitte in wenigen Worten zusammen, was für Sie der Kern des Themas ist. Also zum Beispiel „Er hatte kein Recht so mit mir zu reden!“ oder „Ich habe Angst davor, diese Rede zu halten!“.

Wenn Sie das Gehen für eine kreative Problemlösung nutzen wollen, dann formulieren Sie eine konkrete Frage. Zum Beispiel: „Wie kann ich neue Kunden für mein Unternehmen gewinnen?“

Wenn Sie das Thema und die Kernaussage formuliert haben, denken Sie bitte daran und schätzen Sie die emotionale Ladung dieses Themas auf einer Skala von -10 bis 0 ein. -10 ist dabei das negativste Gefühl, das Sie kennen und 0 ist neutral.

Dann suchen Sie sich bitte eine Strecke, die mindestens 1 ½, idealerweise 3 km lang ist. Pro Kilometer brauchen Sie bei durchschnittlichem Gehtempo etwa 15 Minuten. Wenn Sie etwas schneller gehen 10 Minuten.

Jetzt nehmen Sie Ihr Problem und gehen los. Während Sie mit Ihrem Thema gehen, erinnern Sie sich immer wieder daran, Ihre Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Machen Sie sich ein inneres Bild von diesem Thema und halten Sie dieses Bild während des Gehens in Ihrer Vorstellung in einer angenehmen Entfernung vor Ihrem Brustkorb. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Bild und gleichzeitig auf die bilateralen Bewegungen während des Gehens. Dann ist die Wirkung am Stärksten.

Nach spätestens 20 Minuten spüren Sie wahrscheinlich schon eine deutliche Besserung, wenn Sie an das Thema denken. Schätzen Sie dann das Thema erneut auf der Skala von -10 bis 0 ein. Und gehen Sie bis Sie auf der Skala bei -1 bis 0 sind.

Achten Sie auch darauf, wie sich Ihre Gedanken zu diesem Thema verändert haben. Aus „Ich war verletzt und es tut immer noch weh.“ wird vielleicht „Ich habe viel daraus gelernt, auch wenn es unangenehm war.“.

Wenn Sie das Gehen zur kreativen Problemlösung einsetzen, dann halten Sie einfach Ihre Frage immer wieder im Fokus und lassen Sie Ihre Gedanken dabei gleichzeitig frei schweifen.

Und der schöne Nebeneffekt ist: Schon drei Spaziergänge in der Woche von jeweils 30 Minuten Dauer sorgen dafür, dass Sie langfristig gesund bleiben.

Fische schwimmen, Vögel fliegen, Menschen gehen. Nehmen Sie Ihr Problem und gehen Sie los…

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