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Im Rahmen des Nonverbal Dictionarys haben wir uns in den vorangegangenen Beiträgen mit Signalen aus acht Beobachtungskanälen beschäftigt:
- Mimik: Sie ist die Bühne unserer Emotionen.
- Kopfhaltung: Sie ist das Scharnier unserer Beziehungen.
- Gestik: Sie ist das Fenster zu unserer Gedankenwelt.
- Füße und Beine: Sie sind die Grenzpfeiler unseres Territoriums.
- Körperhaltung: Sie ist der Schnappschuss unseres Befindens.
- Psychophysiologie: Sie ist der Drehzahlmesser unseres Nervensystems.
- Stimme: Sie ist die Jukebox unserer Emotionen.
- Interpersonelles Bewegungsverhalten: Das ist der Ausdruckstanz unserer Beziehungsqualität.
Der neunte Beobachtungskanal ist der digital-nonverbale Ausdruck, der Avatar unserer Persönlichkeit. Unser Verhalten in der digitalen Welt erzeugt einen digitalen Fußabdruck und verrät hauptsächlich etwas über unsere Persönlichkeit und unsere Gefühle. Dabei geben wir unbewusst mehr preis, als wir vielleicht ahnen. Denn bereits mit zehn „Gefällt-mir“-Angaben für Seiten auf Facebook kann ein Algorithmus die Persönlichkeit eines Menschen in Bezug auf die Big Five so gut einschätzen wie ein Arbeitskollege. Mit 70 Likes schneidet er bereits so treffsicher ab wie ein Freund, und mit 300 übertrifft er sogar den Ehepartner.
Wir leben heute in einer Welt, in der das Digitale das Analoge in den meisten Bereichen längst überholt hat. Wir schauen permanent auf unser Smartphone, kommunizieren über E-Mail oder Messengerdienste und scrollen durch Social Media. In dieser digitalen Welt versuchen wir die fehlende Körpersprache z.B. durch Emojis auszugleichen. Oft sehen wir Fotos auf Instagram und Co., die einfach nur mit Emojis versehen werden und so den Ausdruck des Fotos unterstreichen sollen. Oder wir antworten auf Nachrichten einfach nur mit einem „Herz“ oder einem „Daumen hoch“.
Diese bildliche Sprache gehört in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der digitalen Welt (D2).
Was Emojis bedeuten können
- Emojis stellen die bewusste und willentliche Kommunikation eines Gefühls dar: Während die Körpersprache die wahren Emotionen eines Menschen verrät, können Emojis stets nur die Gefühle einer Person anzeigen.
- Anhand eines Emojis kann allerdings nicht zwischen einem echt erlebten Gefühl und einem lediglich der Selbstpräsentation dienenden Gefühlsausdruck unterschieden werden.
- Emojis geben – meist unwillentlich – Hinweise auf die Persönlichkeit eines Menschen: Achten Sie besonders darauf, welche Emojis eine Person immer wieder nutzt. Es geht also nicht um den vereinzelten Gebrauch, sondern um die Muster in der Nutzung.
- Emojis mit roten Wangen werden gemeinsam mit Emojis, die Herzen beinhalten, am ehesten und häufigsten von Menschen verwendet, die eine hohe Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit zeigen. Seltener werden in diesem Fall Emojis genutzt, die offensive Emotionen ausdrücken, z.B. solche, die Ärger transportieren.
- Ist die Extraversion einer Person hoch ausgeprägt, nutzt sie bevorzugt z.B. das Emoji mit Sonnenbrille oder jene, die zwinkern oder mit offenem Mund lachen. Emojis, die unangenehme Emotionen ausdrücken, z.B. das in Strömen heulende Emoji, werden seltener genutzt.
- Emojis, die unangenehme Emotionen ausdrücken, z.B. traurige oder niedergeschlagene Smileys, werden hingegen besonders häufig von Menschen verwendet, die höhere Neurotizismus-Werte aufweisen.
So erkennen Sie dieses Signal
Emojis sind zu unterscheiden von Emoticons. Bei :-) oder ;-) handelt es sich um Emoticons. Diese bestehen aus einer bestimmten Satzzeichenfolge und bilden eine Mimik nach. Emojis hingegen sind Piktogramme, die meist Gesichter darstellen oder Symbole für Wetter und Tiere, bestimmte Aktivitäten oder Gegenstände.
Emojis werden in der digitalen Kommunikation häufig verwendet; sie kommen beispielsweise in der Hälfte aller Instagram-Posts vor. Sie sind jedoch nicht immer so eindeutig interpretierbar, wie manche meinen. Es gibt Emojis, bei deren Bedeutung sich viele einig sind, z.B. das Emoji „lachendes Gesicht mit herzförmigen Augen“; bei anderen hingegen gehen die Interpretationen deutlich auseinander. So wird z.B. dieses Emoji 😒 von manchen als „enttäuscht“ oder „deprimiert“ gedeutet, von anderen hingegen als „Ich bin unbeeindruckt“. Ein solches Missverstehen kann sich noch weiter verschärfen, wenn man über verschiedene Plattformen hinweg kommuniziert, z.B. von einem iPhone zu einem Samsung-Smartphone, denn hier werden die Emojis teils verschieden dargestellt.
Das fusiforme Gesichtsareal
In den Schläfenlappen unseres Gehirns gibt es einen eigenen Bereich, der auf Gesichtserkennung spezialisiert ist: das fusiforme Gesichtsareal. Durch dieses können wir Gesichtsinformationen blitzschnell verarbeiten. Wir erkennen innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde im Gesicht einer Person, ob sie uns bekannt ist oder nicht. Wir deuten das ungefähre Alter, das Geschlecht und die ungefähre Gefühlslage. Kein anderer Körperbereich transportiert so viele Informationen wie das Gesicht. Deshalb lieben wir Gesichter auch so und sehen sie überall, selbst wenn sie nicht da sind: z.B. auf der Mondscheibe, an der Frontpartie von Autos oder in simplen Satzzeichen: :). Dieses Emoticon ist letztendlich einfach nur ein Doppelpunkt mit einer geschlossenen Klammer. Aber wir sehen ein Gesicht.
Diese Beliebtheit spiegelt sich übrigens auch in der Verwendung der Emojis wider. Denn Emojis sind die „Sprache“, die sich in der Welt am schnellsten verbreitet.
Quellen:
Azucar, Marengo, & Settanni, 2018
Youyou, Kosinski, & Stillwell, 2014
Wu, Chang, & Yuan, 2015
Hakami, 2017
Li, Chen, Hu, & Luo, 2018; Marengo, Giannotta, & Settanni, 2017
Miller et al., 2016
Emogi-Research-Team, 2015
Kanwisher et al., 1997
Churches, Baron-Cohen, & Ring, 2009
Jiang et al., 2006
Churches, Nicholls, Thiessen, Kohler, & Keage, 2014
Hallo, Ich habe mich im Zuge von Onlinekommunikation sehr mit dem dort nicht und doch vorhandenen „Ton“ bei Chatnachrichten beschäftigt, mit der Diskrepanz zwischen dem, das für den Leser „mitzuklingen“ scheint an Gefühlen oder Bedeutung, und generell der Mehrdeutigkeit des tatsächlich Geschriebenen aufgrund diesem Fehlen, und dem was der Verfasser meinte, da ich als neurodiverse Person erhebliche Probleme im Bereich zwischenmenschliche Kommunikation habe.
Dieser benannte Unterschied fiel mir als sehr groß auf, schon beginnend mit Smalltalk. Dies kann natürlich subjektiv begründet sein, da ich mich nicht an die üblichen Formeln bzw. Art halte, wie sich auf einer Plattform beispielsweise freundlich begrüßt wird. Dennoch scheint es sehr auffällig, wie anders und missverständlich etwas wahrgenommen wird z.B. durch das Fehlen eines Emojis oder ein Punkt am Satzende. Mir zeigte sich zum Beispiel häufig, als unfreundlich wahrgenommen zu werden, da der Gegenüber die Bedeutung/ den Ton in eine Aussage hineininterpretierte, welcher am Wahrscheinlichsten/ am Üblichsten dieser zuzuschreiben wäre, nicht einen eher „ungewöhnlichen“ – meist die zweite oder gar eine konträre Möglichkeit, sowie selbst dann nicht, wenn nur eine schlichte wörtliche Bedeutung gemeint war. Ich bekam auch den Eindruck, das Menschen im Internet eher schneller emotional werden, und keine Zeit für eine Nachfrage aufwenden, wie etwas gemeint ist. Das ist jedoch ein anderes Thema. Wie verschieden man die selben geschriebenen Worte, deren „Ton“ wahrnehmen kann, schien mir äußerst geräumig, beginnend damit, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Aussagen in ihrem „Ton“ beider Chatpartner gegenseitig missverstanden wurden.
Generell scheint es nötig, im Chat „zwischenmenschlich“ sehr ausführlich zu sein, um Missverständnisse auszuschließen, sobald die Kommunikation über Smalltalk/ oder sachlichen Austausch hinausgeht. Dafür ist die moderne Online Kommunikation in der Regel natürlich nicht gemacht. Doch wirkt es auf mich, als wird dieser Umstand nicht bemerkt, bzw. sich diesbezüglich so verhalten, wie im persönlichen Gespräch und alles im Chat dem Gespräch Fehlende ersetzt bzw. interpretiert, oder vorausgesetzt. Auf den vielen Plattformen sind sehr kurze Nachrichten üblich. In Chats beobachtete ich, das ganze Sätze mit einigermaßen funktionierender Grammatik schon selten sind. Der Durchschnitt schien sich drei vier Worte zu belaufen, und natürlich Emojis. Damit käme ich zum Anlass meines Kommentars. Wie oben in Ihrem Text kurz erwähnt, werden Emojis unterschiedlich gedeutet – ein weiterer Grund für Missverständnisse – und zu unterschiedlichem Zweck verwendet. Sie sind darstellerisch und sollen ja eigentlich dem Verständnis helfen. Bei diesen kurzen Chatnachrichten sind sie scheinbar nicht mehr wegzudenken, sodass ich mich frage, wie das davor funktionierte. Da musste man wohl präziser bzw. ausführlicher sein/ besser kommunizieren. Aber war das auch wirklich der Fall? Ein deutlicher Unterschied zudem, scheint für die jüngere Generation zum Beispiel auch wie sog. „Boomer“, die ältere Generation Emojis verwenden. Das mag sich natürlich mit dem individuellen Muster des Betreffenden im Gebrauch überschneiden, doch wirken Emojis von der älteren Generation oftmals befremdlich und unpassend verwendet. Wahrscheinlich weil eine eine Unsicherheit in der Verwendung besteht, oder sie grundsätzlich etwas anders gedeutet und demnach anders verwendet werden.
Meine eigene Erkenntnis aus der Zeit ist, das kein Emoji die Gefühle exakt wiedergeben kann, die ich ausdrücken will. Es gab keine Entsprechung. Sie alle gehen viel zu spezifisch in eine Richtung, und geben nicht das Gemeinte wieder, das irgendwo dazwischen/ anders liegt. Reihen von Emojis sind da keine Lösung (die spiegeln mir zudem eher die Unreife der heutigen Jugend wieder. Wobei Eomjis generell immer eine gewisse… lockere Wirkung haben, die den Ernst herabsetzt, wenn nicht negiert. Seriös wirkt das schlicht nicht, daher werden Emojis abgesehen von ihrem Siegeszug in Social Media sich in viele Bereiche wohl vorerst nicht ausbreiten.) Mir persönlich erscheinen Emojis tatsächlich gar keine Gefühle ausdrücken zu können, von Humorvollen abgesehen. (Manche scheinen sich auch nur für eine ganz spezifische Bedeutung verwenden zu lassen, wie beispielsweise der erleichterte Emoji, ein offener Mund mit einem Wassertropfen am Außenrand.)
Denn diese gelben Gesichter nehmen einem Text, einer Nachricht den Ernst. Ich kann z.B. nicht meiner Schwester schreiben, meine Oma sei gestorben, und einen Bäche weinenden Emoji dahinter setzen. Dies ist nicht nur völlig unangemessen in der Situation, es könnte sogar deswegen als Scherz gedeutet werden. Dieses Emoji in solchem Kontext als passend wahrzunehmen, wäre mir unverständlich. Natürlich handelt es sich dabei eher um ein Extrem, dennoch wird vielleicht klar, was ich meine.
Diese Vielfalt in der Deutung gibt es sicherlich auch in der persönlichen Begegnung, mit ihren verbalen und non-verbalen Signalen, wobei die meisten Menschen letztere unbewusst verarbeiten, die Kommunikation über Körpersprache. In einem Chat online müsste dies dargestellt werden, was eher schwer möglich ist, da es unbewusst abläuft. Das Darstellerische kann die Emotionen auch verfälschen, ebenso wie es mehr zeigen kann, als beabsichtigt war. Körpersprache schriftlich darzustellen, ist wohl kaum möglich. In Plattformen mit 3D Avataren können z.B. diese Körperhaltungen einnehmen, die jedoch vorgefertigt sind und ja bewusst gesteuert werden. Diese Lücke in der Online Kommunikation würde wohl erst geschlossen, wenn man sein Abbild live hochladen könnte – dann könnte man auch gleich einen Videoanruf machen – , jedoch erscheinen mir bereits die Schwierigkeiten von Menschen mit Kommunikation Face-to-Face erheblich. Es wirkt, als wäre eine gute Kommunikationsfähigkeit von vielen nicht fertig erlernt worden. Vereinfacht oder erschwert der Onlinechat und Emojis Kommunikation also? Und wie nötig oder überflüssig wäre sie im direkten Vergleich. Ist nur der Verwendungszweck der Punkt?