Teilen Sie diesen Artikel!

Wie sitzen Sie Samstagabend Zuhause vor dem Fernseher? In dieser Situation werden Sie sehr wahrscheinlich nicht mit aufrechter, angespannter Haltung auf einem Stuhl sitzen, sondern eher gemütlich im Sessel lümmeln. Abhängig davon, was Sie sich gerade anschauen, kann es dennoch vorkommen, dass Sie auch dann mit einer angespannten Körperhaltung vor dem Fernseher sitzen. Zum Beispiel dann, wenn der Film besonders gruselig ist und Sie vor Angst erstarren. Denn die Muskelspannung sagt grundsätzlich etwas über das Arousal, also unseren Erregungszustand aus.

Was die Muskelspannung bedeuten kann

Dieses Signal der Körperhaltung finden Sie in der Mimikresonanz®-Profibox und im Wholeception Objective Coding System unter dem Kürzel B4. Wir unterscheiden hier zwei Signalformen – eine hohe und eine niedrige Muskelspannung.

Hohe Muskelspannung:

  • eine Anspannung, vor allem der Nackenmuskeln, weist auf ein generell erhöhtes Arousal hin sowie speziell auch auf eine erhöhte kognitive Ladung
  • bei Ärger und Triumph spannt sich in der Regel der gesamte Körper an, was bspw. erkennbar an geballten Fäusten und kraftvolleren Bewegungen ist
  • starke Angst kann zu kompletter Erstarrung führen

Niedrige Muskelspannung:

  • ein niedriger Muskeltonus im Sinne von Schlaffheit zeigt sich typischerweise bei deaktivierender Trauer und Langeweile, die beide durch ein niedriges Arousal gekennzeichnet sind
  • bei angenehmen Gefühlen wie Entspannung oder genussvolle Zufriedenheit verringert sich die Muskelspannung
  • Überraschung stellt eine Ausnahme dar: das Arousal ist zwar erhöht, dennoch fällt der Muskeltonus in der Regel für einen kleinen Moment ab, sodass die Körperbewegung kurz stoppt

Eine erstarrte, bewegungslose Körpersprache lässt uns distanzierter, emotional negativer und unglaubwürdiger wirken, sodass wir von anderen eher als schlechte Kommunikatoren eingeschätzt werden. Eine ausdrucksstarke, bewegte Körpersprache bewirkt das Gegenteil.

So erkennen Sie die Muskelspannung

Um die Muskelspannung treffsicher zu entschlüsseln, achten Sie auf die beiden Signalformen.

  • bei einem niedrigen Muskeltonus (B4.1) wirkt die Körperhaltung entspannter, aber auch kraftloser. Die Bewegungen sind weicher, aber auch schlaffer
  • bei einer hohen Muskelspannung (B4.2) wirkt die Körperhaltung kraftvoll, aber auch angespannt. Die Bewegungen sind stärker, aber auch kontrollierter

Schockstarre und hochgezogene Schultern

Angriff, Flucht und Schockstarre – Das sind die drei primären instinktiven Reaktionen in einer Gefahrensituation. Der Reflex, bei Gefahr zu erstarren, ist deshalb schon Millionen von Jahren alt und zeigt sich sogar bei Insekten. Trifft z.B. ein Käfer auf eine Spinne und stellt sich tot, indem er bewegungslos verharrt, wird er deutlich seltener gefressen.

Diese sogenannte tonische Immobilität ist zwar bei Tieren stärker ausgeprägt, zeigt sich aber bei Menschen genauso, sowohl in Gefahrensituationen als auch bei Stressauslösern. Werden wir bspw. gekränkt oder erleiden einen schlimmen Unfall, kann die in diesen Momenten erlebte Starre sogar zu Wirbelblockaden und Rückenschmerzen führen.

Im positiven Sinn hingegen lassen hochgezogene Schultern, die ebenfalls auf ein erhöhtes Arousal hinweisen, uns ungefährlich erscheinen. Deshalb ziehen wir unbewusst die Schultern hoch, wenn wir ein Baby knuddeln oder wenn wir flirten, hier in Kombination mit einem Lächeln.

Quellen

Burgoon, J. K., & Koper, R. J. (1984). Nonverbal and relational communication associated with reticence. Human communication research, 10(4), 601-626.

Fagerberg, P., Ståhl, A., & Höök, K. (2003). Designing Gestures for Affective Input: An Analysis of Shape, Effort and Valence.

Fleischhauer, M., & Krebs, C.-A. (2014). Tonische Immobilität als häufige Ursache für funktionelle Störungen. Osteopathische Medizin, 15(1), 27-33.

Givens, D. (2006). Love signals: A practical field guide to the body language of courtship: Macmillan.

Grammer, K. (1990). Strangers meet: Laughter and nonverbal signs of interest in opposite-sex encounters. Journal of Nonverbal Behavior, 14(4), 209-236.

Hatta, A., Nishihira, Y., Kaneda, T., Wasaka, T., Kida, T., Kuroiwa, K., & Akiyama, S. (2003). Somatosensory event-related potentials (ERPs) associated with stopping ongoing movement. Perceptual and Motor Skills, 97(3), 895-904.

Hazlett, R. L., McLeod, D. R., & HoehnSaric, R. (1994). Muscle tension in generalized anxiety disorder: Elevated muscle tonus or agitated movement? Psychophysiology, 31(2), 189-195.

Krantz, G., Forsman, M., & Lundberg, U. (2004). Consistency in Physiological Stress Responses and Electromyographic Activity during Induced Stress Exposure in Women and Men. Integrative Physiological & Behavioral Science, 39(2), 105-118.

Luna, T., & Renninger, L. (2015). Surprise. Embrace the Unpredictable and Engineer the Unexpected. New York, NY: Perigee.

Lundberg, U., Kadefors, R., Melin, B., Palmerud, G., Hassmrén, P., Engström, M., & Dohns, I. E. (1994). Psychophysiological Stress and EMG Activity of the Trapezius Muscle. International Journal of Behavioral Medicine, 1(4), 354.

Matsumoto, D., & Hwang, H. C. (2012). The Language of Political Aggression. Journal of Language and Social Psychology, 32(3), 335-348.

Miyatake, T., Katayama, K., Takeda, Y., Nakashima, A., Sugita, A., & Mizumoto, M. (2004). Is death-feigning adaptive? Heritable variation in fitness difference of death-feigning behaviour. Proceedings Biological Sciences, 271(1554), 2293-2296.

Roelofs, K., Hagenaars, M. A., & Stins, J. (2010). Facing freeze: social threat induces bodily freeze in humans. Psychogical Science, 21(11), 1575-1581.

Roman-Liu, D., Grabarek, I., Bartuzi, P., & Choromanski, W. (2013). The influence of mental load on muscle tension. Ergonomics, 56(7), 1125-1133.

Shields, S. A. (1984). Reports of bodily change in anxiety, sadness, and anger. Motivation and Emotion, 8(1), 1-21.

Wallbott, H. G. (1998). Bodily expression of emotion. European Journal of Social Psychology, 28(6), 879-896.

Teilen Sie diesen Artikel!

Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

Hinterlassen Sie einen Kommentar