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Unsere Atmung ist uns die meiste Zeit des Tages unbewusst. So haben Sie Ihren Atem wahrscheinlich nicht bewusst wahrgenommen, bis Sie diesen Satz gelesen haben und sich Ihre Aufmerksamkeit darauf verlagert hat. Obwohl Atmung also Großteils unbewusst und automatisch funktioniert, gewinnt die Bedeutung der Atmung zurecht eine immer größere Aufmerksamkeit, nicht zuletzt durch Trends wie Yoga oder Meditation.

Auch wenn wir Körpersprache zumeist nicht direkt mit Signalen der Psychophysiologie in Verbindung bringen, so sind sie doch wichtige Hinweise des Äußeren auf innere Zustände. Flache Atmung, ein Seufzer oder ein langes Einatmen können jede Menge aussagen. Aus diesem Grund finden Sie in der Mimikresonanz-Profibox® auch die Signale des vegetativen Nervensystems.

Was die Atmung bedeuten kann

Die normale Atemgeschwindigkeit unterscheidet sich je nach Alter, Situation und individuellem Gesundheitszustand. In der Regel atmen Säuglinge 30 bis 40 Mal pro Minute ein und aus, Kinder 15 bis 25 Mal und Erwachsene 12 bis 18 Mal.

Verändert sich die Atmung, kann das auf Folgendes hinweisen:

  • Die Atemgeschwindigkeit kennzeichnet primär das Arousal, unseren Erregungszustand. Atmen wir schnell, sind wir aufgeregt oder angestrengt. Atmen wir langsam, sind wir entspannt.
  • Die Atemmechanik gibt primär einen Hinweis auf die Valenz, unsere emotionale Wertigkeit. Fühlen wir uns unangenehm oder angespannt, atmen wir eher in die Brust. Fühlen wir uns wohl und geborgen, atmen wir eher in den Bauch.
  • Ein angehaltener Atem ist allgemein ein Signal für ein hohes Arousal, insbesondere für Überraschung oder Ärger.
  • Ein tiefes Durchatmen hingegen dient dem Stressabbau im Sinne von Erleichterung, weil dadurch der Parasympathikus aktiviert wird. Nicht umsonst sagt der Volksmund: „Atme erst einmal tief durch.“

Zudem möchte ich insbesondere auf den Seufzer eingehen, denn dieser wurde in der Forschung bereits genauer untersucht – mit dem Ergebnis, dass Seufzer allgemein mit unangenehmen emotionalen Zuständen assoziiert werden, am häufigsten mit Resignation und Trauer, gefolgt von Müdigkeit, Langeweile und Frustration. Ein Seufzer deutet also eher auf defensive Emotionen und damit einen Tiefstatus hin.

So erkennen Sie die Atmung

Wie Sie an der Aufzählung oben erkennen, weisen verschiedene Merkmale der Atmung auf verschiedene Zustände hin. Deshalb ist es wichtig, beispielsweise nicht nur eine veränderte Atemgeschwindigkeit erkennen zu können, wenn Sie Menschen durch Ihre Beobachtungen wirklich verstehen wollen. Richten Sie deshalb Ihre Wahrnehmung auf folgende Merkmale:

Atemgeschwindigkeit: Die Atmung wird schneller oder langsamer.

Atemmechanik: Beim Atmen hebt sich entweder der Bauch oder die Brust.

Atempausen: Der Atem wird angehalten.

Tiefes Durchatmen: Wir atmen mit oder ohne Seufzer.

Die Zeit macht den Unterschied

Das zeitliche Verhältnis der Ein- zur Ausatmung verdeutlicht, ob ein niedriges oder ein hohes Arousal vorliegt. Wenn wir einatmen, wird unser Sympathikus aktiviert und es kann sich z.B. die Herzfrequenz beschleunigen. Atmen wir aus, senkt der Parasympathikus den Puls wieder. Bei jemandem, der länger ein- als ausatmet, erkennen Sie daher einen Anstieg des Arousals mit den entsprechenden emotionalen Hoch-Arousal-Zuständen, z.B. Angst oder Freude. Atmet Ihr Gegenüber hingegen länger aus als ein, signalisiert dies ein Absinken des Arousals und kann dementsprechend auf Niedrig-Arousal-Zustände hinweisen, z.B. Resignation oder Entspannung.

Quellen

Beitragsgrafik: (c) https://www.ecolife.zone/ https://imgur.com/OCCRwdi

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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