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Hier lernen Sie ein mimisches Signal aus dem oberen Gesichtsbereich kennen: Das schräge Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten. Vielleicht fällt es Ihnen schwer, diese Bewegung bewusst auszuführen und den hier beteiligten Augenbrauenheber anzusteuern. Probieren Sie es doch mal direkt aus: Versetzen Sie sich am besten in eine traurige Situation und schauen Sie dabei in den Spiegel.

Nehmen wir an, Sie haben sich schon lange auf ein bevorstehendes Ereignis gefreut: die große Party zum Geburtstag, eine Veranstaltung oder ein Treffen mit lieben Menschen. Corona macht Ihnen einen Strich durch die Rechnung. Sie sind enttäuscht und traurig – und das sieht man Ihnen von außen an, weil Sie die Augenbrauen-Innenseiten schräg hochziehen.

Was es bedeutet, die Augenbrauen-Innenseiten schräg hochzuziehen

Die erste Bedeutung haben Sie bereits erfahren: Isoliert steht es zuverlässig für die Emotion Trauer. Es kann jedoch auch:

  • Teil des Emotionsausdrucks Scham sein, wenngleich hier weitere Elemente hinzukommen, beispielsweise der Blick nach unten.
  • Ebenso kann es auf die Emotion Schuld hinweisen.

Wie bei allen Signalen gilt, dass Sie stets den Gesamtkontext betrachten müssen. Neben dem zuverlässigen Anzeigen der oben genannten Emotionen kann es nämlich u.a. auch heißen:

  • Mitgefühl, meist mit leicht nach vorn geschobenem Kopf
  • Berührtsein oder Wehmut: Das sind Mischemotionen, bei denen das Signal in Kombination mit Freude auftritt
  • Ehrfurcht, wenn weitere mimische Zeichen wie das Hochziehen der Oberlider und das Fallenlassen des Unterkiefers auftreten

Beachten Sie dabei, dass einige – wenn auch wenige Menschen – diese Bewegung zur Betonung benutzen. Wenn das Signal also beim Sprechen auftritt, können Sie es nicht zuverlässig als Emotionsausdruck interpretieren.

So erkennen Sie das schräge Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten

NVD - F1.1Dieses Signal, die F1.1, ist das erste Signal in dem Periodensystem der Körpersprache. Das bedeutet allerdings nicht, dass es leichter zu erkennen ist oder eine größere Bedeutung hat. In der Mimikresonanz®-Profibox finden Sie dieses und viele weitere Signale, die Ihnen dabei helfen, Körpersprache zu entschlüsseln. Die folgenden Merkmale helfen Ihnen dabei, dieses Signal zu erkennen, auch wenn es nur als Mikroexpression auftritt:

  • die Augenbrauen-Innenseiten werden nach oben gezogen
  • führt oft zu einer schrägen Ausrichtung der Augenbrauen
  • die Augendeckfalte wird von innen aus nach schräg oben gedehnt
  • in der Stirnmitte bilden sich waagerechte Falten

Wie das schräge Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten wirkt

Das schräge Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten transportiert insgesamt Gefühle, die einen Tiefstatus vermitteln und uns damit durchsetzungsschwach wirken lassen. Gleichzeitig lässt uns dieser Ausdruck aber auch zwischenmenschlich warm und mitfühlend wirken.

Ein Ausdruck der Hilfsbereitschaft

Vielleicht erinnern Sie sich noch an das palästinensische Flüchtlingsmädchen Reem Sahwil, das am 15. Juli 2015 in einem Bürgerdialog auf Angela Merkel traf. Sie schilderte der Kanzlerin das Schicksal ihrer Familie, woraufhin Merkel antwortete, dass Deutschland nicht alle Flüchtlinge aufnehmen könne. Ihre Worte waren sachlich, in ihrer Mimik zog sie allerdings die Innenseiten der Augenbrauen schräg nach oben. Laut Studien ist dieses Signal einer der stärksten Faktoren, um vorherzusagen, ob eine Person einer anderen hilft. Am 21. August 2015 schließlich „öffnete Merkel die Grenzen“. Ob wohl die Begegnung mit Reem Sahwil der Schlüsselmoment dafür war?

Der berühmte Hundeblick

Das schräge Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten signalisiert nicht nur eine höhere Hilfsbereitschaft. Zeigt es jemand anderes, sind wir auch motivierter, ihm oder ihr zu helfen. Hunde scheinen das zu wissen. Denn der berühmte Hundeblick ist dem menschlichen Hochziehen der Augenbrauen-Innenseiten sehr ähnlich, drückt nach dem aktuellen Stand der Forschung aber weniger Trauer aus als vielmehr den Versuch, Frauchen oder Herrchen um den Finger zu wickeln. So wurden beispielsweise Hunde, die im Tierheim öfter diesen Blick zeigten, wesentlich schneller adoptiert.

Quellen

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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