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Ich erzähle zu Beginn eine kleine Geschichte aus meinem Leben: Ich habe für meine wundervolle Frau ein Geschenk gekauft und will es gerade verstecken, als sie unerwartet durch die Tür kommt. Blitzschnell werfe ich die Bettdecke über das Geschenk, aber es guckt noch ein Zipfel davon hervor. „Jetzt nur nicht dahin schauen“, denken ich. Denn wenn ich das tun würden, würden ich ihren Blick automatisch auch dahin lenken. Mit dem Wissen konnte ich das Geschenk dann doch vor Ihr verbergen und ihr eine schöne Überraschung machen. Die Blickrichtung gehört in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Mimik und ist dort unter den Signalen von Augen und Nase zu finden (F2.2).

Was die Blickrichtung bedeuten kann

Wichtig ist, dass Sie die Blickrichtung nicht mit den Augenbewegungen (F2.1) verwechseln. Dieses Signal zeigt sich eher dann, wenn innere Informationen aufgerufen werden. Die Blickrichtung hingegen bedeutet Folgendes:

  • sie verrät, was gerade die Aufmerksamkeit des Gegenübers erregt
  • Hinweis auf Interesse, wenn die Augen auf ein Objekt „fixiert“ sind und kaum flüchtige Blicke sowie sehr wenige Kopfbewegungen auftreten
  • Trauer, wenn der Blick nach unten gerichtet ist (manchmal auch mit gesenktem Kopf)
  • Verlegenheit oder Scham, wenn der Blick mit gleichzeitig gesenktem Kopf nach unten geht (Blick meist nach links unten, kombiniert mit einem Lächeln)
  • Augenrollen weist verlässlich auf Verachtung hin
  • umherstreifende Blicke sind meist ein Zeichen, dass die Person jemanden oder etwas sucht
  • in einer Bar oder auf Partys weisen umherschweifende Blicke meist zuverlässig daraufhin, dass jemand eine Flirtchance sucht; es sei denn, die Person sucht gerade nach jemand oder etwas Bestimmten

So erkennen Sie die Blickrichtung

  • der Blick richtet sich auf etwas im Außen
  • die Augen werden nicht aufgrund kognitiver Prozesse bewegt
  • Sonderform: die Augen werden gerollt

Unser evolutionärer Vorteil

Tatsächlich hat sich der Mensch so entwickelt, dass es für uns einfacher ist, die Blickrichtung zu erkennen. Die weiße Augenhaut, die Sklera, ist nur bei uns Menschen so deutlich zu sehen. Bei keiner anderen Primatenart, wie zum Beispiel einem Gorilla, ist das der Fall. Durch diesen Hell-Dunkel-Kontrast ist es für andere leichter zu erkennen, in welche Richtung wir schauen.

Blickrichtung lenkt Aufmerksamkeit

Unser Blick kann die Aufmerksamkeit anderer Menschen lenken. Eine Studie des amerikanischen Psychologen Stanley Milgram konnte zeigen: Bleiben wir einfach auf der Straße stehen und blicken z.B. nach oben zu einem Gebäude, tendieren andere Menschen dazu, unserem Blick zu folgen. Schaute nur eine Person hoch, folgten bereits 42 Prozent der Passanten dem Blick. Waren es 15 Menschen, wurden 86 Prozent der Fußgänger in den Bann der gebündelten Aufmerksamkeit des Gruppenblicks gezogen und schauten ebenfalls nach oben.

Machen Sie sich also gerne mal den Spaß, Ihre Mitmenschen zu irritieren, und schauen Sie einfach nach oben!

Quellen

Coan, J. A., & Gottman, J. M. (2007). The specific affect coding system (SPAFF). Handbook of emotion elicitation and assessment, 267-285.

Keltner, D., & Buswell, B. N. (1996). Evidence for the distinctness of embarrassment, shame, and guilt: A study of recalled antecedents and facial expressions of emotion. Cognition and Emotion, 10(2), 155-171.

Kobayashi, H., & Kohshima, S. (1997). Unique morphology of the human eye (Vol. 387).

Milgram, S., Bickman, L., & Berkowitz, L. (1969). Note on the Drawing Power of Crowds of Different Size (Vol. 13).

Moore, M. (1985). Nonverbal courtship patterns in women: Context and consequences (Vol. 6).

Reeve, J. (1993). The face of interest. Motivation and Emotion, 17(4), 353-375.

Rosenberg, E. L., & Ekman, P. (1995). Conceptual and methodological issues in the judgment of facial expressions of emotion. Motivation & Emotion, 19(2), 111-138.

Silvia, P. J. (2008). Interest—The Curious Emotion. Current Directions in Psychological Science, 17(1), 57-60.

Williams, A. (2002). Facial expression of pain, empathy, evolution, and social learning (Vol. 25).

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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