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Wenn uns eine Fliege ins Auge fliegt oder Frauen eine Haarsträhne im Auge haben, blinzeln wir automatisch schneller, um den Störfaktor im Auge loszuwerden. Ist kein äußerer Einfluss der Grund, sagt die Blinzelrate hingegen Einiges über unseren inneren Zustand aus. Sie haben sich bestimmt schon mal selbst dabei ertappt, wie Sie konzentriert auf den Bildschirm oder ins Leere gestarrt haben. Dabei blinzeln wir zum Beispiel fast gar nicht. Die Blinzelrate gehört in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Mimik und dort zu den Signalen von Augen und Nase (F2.8).

Was die Blinzelrate bedeuten kann

Wie auch bei den anderen Signalen, beobachten wir stets das Abweichen vom Normalzustand. Also ist die Blinzelrate nur dann aussagekräftig, wenn sie sich, ausgehend von der Baseline, beschleunigt oder verlangsamt.

  • eine Beschleunigung weist auf ein allgemein erhöhtes Stresslevel hin und Emotionen, die mit einem erhöhten Arousal einhergehen, z.B. Überraschung, Ärger oder Angst (hier liegt die Blinzelrat meist über 48 pro Minute)
  • eine Verlangsamung ist ein Anzeichen für kognitive Ladung (als Orientierung: ca. fünfmaliges Blinzeln pro Minute entspricht einem Blinzeln alle 12 Sekunden)
  • tritt gleichzeitig emotionaler Stress auf, sinkt die Blinzelrate dennoch, da eine Aktivierung des Frontalhirns (springt bei kognitiver Anstrengung an) die limbische Stressreaktion hemmt

In Situationen, in denen wir andere überzeugen möchten, mindert eine erhöhte Blinzelrate die wahrgenommene Kompetenz. Beim Liebeswerben wirkt sie hingegen positiv: Mit „den Wimpern klappern“ ist ein Flirtzeichen, das sich rund um den Globus beobachten lässt und für das Frauen sogar Utensilien wie Mascara oder künstliche Wimpern einsetzen.

Die Länge des Wimpernschlags beeinflusst außerdem das Redeverhalten des Gesprächspartners. Wenn unser Gegenüber beim Zuhören nickt und das Auge dabei länger geschlossen bleibt, antworten wir kürzer. Vermutlich weil der Lidschlag hier in Verbindung mit Nicken die Botschaft vermittelt: „Ich habe dich verstanden.“

So erkennen Sie die Blinzelrate

  • schnelles Schließen und Öffnen der Augen, unabhängig von äußerer Stimulation wie z.B. Licht oder Hitze
  • die Augen schließen sich für 100 bis 400 Millisekunden

Häufigkeit des Blinzelns

Die Blinzelrate hängt stark von den Situationsfaktoren ab. Die Richtwerte einer Metaanalyse besagen folgendes:

  • Beim Lesen blinzeln wir durchschnittlich achtmal pro Minute (alle sieben bis acht Sekunden).
  • Beim Betrachten von Objekten blinzeln wir durchschnittlich 15 Mal pro Minute (alle vier Sekunden).
  • Wenn wir uns unterhalten, blinzeln wir durchschnittlich 22 Mal pro Minute (ca. alle drei Sekunden).

Die Blinzelrate beim Lügen

Entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass sich beim Lügen die Blinzelrate erhöht, nimmt sie im Gegenteil ab. Denn wenn wir lügen, müssen wir uns darauf konzentrieren, dass unsere Lügengeschichte stimmig ist und wir uns nicht verhaspeln. Die kognitive Ladung steigt und wir blinzeln somit weniger. Allerdings wird das nach der Lüge mit ein paar schnellen Lidschlägen kompensiert.

Quellen

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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