Teilen Sie diesen Artikel!
Eine der berühmtesten geschlossenen Körperhaltungen konnten wir 16 Jahre lang in der Öffentlichkeit bei unserer inzwischen Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel sehen. Bei ihrer Raute führte sie die Hände vor dem Bauch so zusammen, dass sich die Daumen und restlichen Finger jeweils an den Spitzen berührten. Damit verschloss sie ihre Körpermitte. Doch was hat der Öffnungsgrad der Körpermitte nun zu bedeuten?
Was der Öffnungsgrad der Körpermitte bedeuten kann
Wir unterscheiden beim Öffnungsgrad der Körpermitte vier verschiedene Unterformen, die Sie auch in der Mimikresonanz®-Profibox finden. Neben einem nonverbalen Markenzeichen können diese Signale der Körperhaltung (B1) folgende Bedeutung haben:
- Eine offene Körperhaltung in Kombination mit dem Vorlehnen des Körpers signalisiert Zuneigung und Sympathie. Diese Haltung wird eher von denjenigen gezeigt, die in einer Interaktion die Kontrolle haben, also in der dominanten Position sind.
- Eine geschlossene Körperhaltung, in der die Person z.B. die Hände vor dem Körper zusammenführt, ist eine typische Selbst-Berührungsgeste, die auf Unsicherheit hinweist und Stress reguliert.
- Eine Körperbarriere, z.B. ein vor den Körper gehaltener Arm oder ein vor sich positioniertes Objekt (etwa eine Schreibmappe), weist auf Nervosität und Stress hin.
- Eine überkreuzte Körperhaltung in Form verschränkter Arme drückt übergeordnet betrachtet Abschottung aus, hat jedoch auch weitere Bedeutungen (siehe „Das Verschränken der Arme“).
So erkennen Sie den Öffnungsgrad der Körpermitte
Offene Körperhaltung:
- Die Mittellinie des Oberkörpers wird durch nichts verdeckt, d.h. die Hände oder Arme berühren sich nicht. Die Hände können z.B. auf den Oberschenkeln liegen.
Geschlossene Körperhaltung:
- Die Hände oder Arme berühren sich, die Handgelenke sind aber nicht überkreuzt.
Körperbarriere:
- Die Körperhaltung ist durch eine Barriere geschlossen, z.B. durch einen Arm oder ein Objekt.
Überkreuzte Körperhaltung:
- Die Handgelenke sind gekreuzt, wie z.B. beim Verschränken der Arme.
Während eine geschlossene/ überkreuzte Körperhaltung zwischenmenschlich eher negativ wirkt, transportiert eine offene Körperhaltung durchweg positive Eigenschaften: Sie wirkt statuserhöhend, lässt uns aktiver und allgemein positiver erscheinen, und sie macht es uns leichter, andere zu überzeugen. Zusätzlich erhöht eine offene Haltung bei Männern und Frauen durch ihre statussteigernde Wirkung die Attraktivität und den Erfolg beim Flirten.
Das Verschränken der Arme
Wenn jemand die Arme verschränkt, wird das häufig mit Ablehnung interpretiert. Das ist jedoch ein Körpersprachemythos, denn das Verschränken der Arme kann noch sehr viel mehr bedeuten.
- Verschränkte Arme zeigen sich bei Stolz als Ausdruck von Überlegenheit im Sinne einer Fokussierung auf sich selbst und die eigenen Stärken.
- Auch wer sich konzentriert und fokussiert, um z.B. ein Problem zu lösen, verschränkt vielleicht die Arme, um damit zu signalisieren, dass er nicht gestört werden möchte.
- Bei Ekel im Sinne von Ablehnung und Desinteresse offenbart sich – anders als bei Stolz oder Konzentration – die Abschottung nicht durch Fokussierung, sondern durch innere Distanzierung.
- Das Armeverschränken kommt als Ausdruck einer submissiv-defensiven Haltung vor, bei der wir uns äußerlich wie innerlich zurückziehen.
Um das Verschränken der Arme präzise zu deuten, gilt wie immer der zentrale Wahrnehmungsgrundsatz, niemals Einzelsignale zu interpretieren, sondern stets auf die begleitenden nonverbalen Signale und den Kontext zu achten, in dem sie auftreten. Besonders wenn die Person auf einem Stuhl ohne Armlehnen sitzt, ist besondere Vorsicht geboten. Denn häufig werden die Arme dann lediglich verschränkt, um sie abzulegen und weil es auf diese Weise bequemer ist.
Quellen
Ahmetoglu, G., & Swami, V. (2012). Do women prefer „Nice Guys“? The effect of male dominance behavior on women’s ratings of sexual attractiveness. Social Behavior & Personality: an international journal, 40(4), 667-672.
Argyle, M. (2013). Körpersprache & Kommunikation: Nonverbaler Ausdruck und Soziale Interaktion (10th ed.). Paderborn: Junfermann.
Baxter, J. C., & Rozelle, R. M. (1975). Nonverbal Expression as a Function of Crowding During a Simulated Police-Citizen Encounter. Journal of Personality & Social Psychology, 32(1), 40-54.
Cashdan, E. (1998). Smiles, Speech, and Body Posture: How Women and Men Display Sociometric Status and Power. Journal of Nonverbal Behavior, 22(4), 209-228.
Fetterman, A. K., Bair, J. L., & Robinson, M. D. (2015). Submissive, inhibited, avoidant, and escape motivated: The correlates and consequences of arm-crossing. Motivation Science, 1(1), 37-46.
Friedman, R., & Elliot, A. J. (2008). The effect of arm crossing on persistence and performance. European Journal of Social Psychology, 38(3), 449-461.
Gonzaga, G. C., Turner, R. A., Keltner, D., Campos, B., & Altemus, M. (2006). Romantic love and sexual desire in close relationships. Emotion, 6(2), 163-179.
Grammer, K. (1990). Strangers meet: Laughter and nonverbal signs of interest in opposite-sex encounters. Journal of Nonverbal Behavior, 14(4), 209-236.
Hall, J. A., Coats, E. J., & LeBeau, L. S. (2005). Nonverbal Behavior and the Vertical Dimension of Social Relations: A Meta-Analysis. Psychological bulletin, 131(6), 898-924.
Lausberg, H. (2017). NEUROGES – Coding Manual I. Köln.
McGinley, H., LeFevre, R., & McGinley, P. (1975). The influence of a communicator’s body position on opinion change in others. Journal of Personality and Social Psychology, 31(4), 686-690.
Morris, D. (2002). People Watching. The Desmond Morris Guide to Body Language. London: Vintage Books.
Renninger, L. A., Wade, T. J., & Grammer, K. (2004). Getting that female glance: Patterns and consequences of male nonverbal behavior in courtship contexts. Evolution and Human Behavior, 25(6), 416-431.
Tracy, J. L., & Robins, R. W. (2007). The psychological structure of pride: a tale of two facets. J Pers Soc Psychol, 92(3), 506-525.
Vacharkulksemsuk, T., Reit, E., Khambatta, P., Eastwick, P. W., Finkel, E. J., & Carney, D. R. (2016). Dominant, open nonverbal displays are attractive at zero-acquaintance. Proc Natl Acad Sci U S A, 113(15), 4009-4014.
Wallbott, H. G. (1998). Bodily expression of emotion. European Journal of Social Psychology, 28(6), 879-896.