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Wenn Politiker im Bundestag am Pult stehen und Reden halten, mit denen sie überzeugen wollen, nutzen sie oft den sogenannten Handkantenschlag. Das heißt, sie bewegen die flache Hand mit der Kante nach unten auf und ab, während sie sprechen. Diese Bewegung gehört zu den typischen Rhythmusgesten, die in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Gesten und dort zu den Redebegleitenden Gesten gehört (G1.1).

Was Rhythmusgesten bedeuten können

  • Rhythmusgesten sind Ausdruck der (emotionalen) Melodie der gesprochenen Worte, eine Funktion, die im Unterschied zur Sprachkompetenz primär in der rechten Hemisphäre verarbeitet wird; deshalb führen die meisten Menschen unbewusst Rhythmusgesten bevorzugt mit der linken Hand aus
  • sie zeigen an, welche Wörter oder Aussagen besonders wichtig für den Sprecher sind
  • sie treten vermehrt und raumeinnehmender bei Ärger auf
  • sie zeigen sich häufiger in Situationen, in denen eine Person sich durchsetzen und andere überzeugen möchte, wie z.B. in oben erwähntem Beispiel oder in Verkaufsgesprächen
  • Personen mit hohen sprachlichen Fähigkeiten nutzen i.d.R. mehr Rhythmusgesten

Rhythmusgesten erhöhen die Kompetenzwirkung sowie die Überzeugungskraft eines Menschen und lassen ihn extravertiert erscheinen. Gleichzeitig wird derjenige, der sie nutzt, aber auch als weniger fair, zwischenmenschlich weniger warm und als Person weniger verträglich eingeschätzt.

So erkennen Sie Rhythmusgesten

  • die Bewegungen erfolgen im Rhythmus der gesprochenen Worte
  • sie zeichnen sich durch eine einfache, meist wiederholende Bewegung der Hände aus: häufig hoch und runter, in seltenen Fällen vor und zurück
  • Rhythmusgesten haben keinen prototypischen Gestenraum, sie können auch im peripheren Gestenraum auftreten, z.B. im Schoß oder auf der Armlehne eines Stuhls
  • sie werden auch mit dem Kopf und/ oder der Mimik ausgeführt, z.B. das Anheben der Augenbrauen, um ein Wort zu betonen

Betonung, Präzision, Aufmerksamkeit

Rhythmusgesten drücken die generelle Botschaft „Das möchte ich betonen“ aus. Das kommt auch beim Gegenüber an, denn neurowissenschaftliche Studien belegen, dass tatsächlich die Aufmerksamkeit des Zuhörenden steigt, wenn der Redende Rhythmusgesten verwendet. Man kann dadurch sogar den dahinterstehenden Gedanken erkennen. Nutzen wir bspw. den Präzisionsgriff als Rhythmusgeste, transportiert dies unser Bedürfnis nach Genauigkeit.

Quellen

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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