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„Wie schmeckt Ihnen das Essen?“, fragt der Ober. Sie antworten: „Ausgezeichnet“ – und formen dabei Ihren Daumen und Zeigefinger zu einem Ring, um noch einmal zu unterstreichen, wie exzellent Sie das Gericht finden.

Der Daumen-Zeigefinger-Ring gehört zu den sogenannten Emblemen, den sprechenden Gesten. Dieses Signal ist in der Mimikresonanz®-Profibox unter dem allgemeinen Beobachtungskanal der Gestik zu finden (G2.5).

Was der Daumen-Zeigefinger-Ring bedeuten kann

Wie im Beispiel oben, ist die weltweit vorherrschende Bedeutung dieses nonverbalen Signals „O.K.“ im weitesten Sinne, denn die Nuancen reichen von Anerkennung über Exaktheit bis hin zu Lob und Zustimmung (mit Ausnahme von Tunesien). Der Daumen-Zeigefinger-Ring signalisiert auf diese Weise, dass etwas exakt so richtig oder perfekt ist.

Darüber hinaus kann es in einigen Ländern auch ein Zeichen für eine Körperöffnung sein, meist für den Anus, gelegentlich aber auch die Vagina; in Griechenland, der Türkei und auf Malta wird diese Geste beispielsweise als homosexuelle Einladung genutzt oder häufig auch als homosexueller Kommentar (z.B. „Der steht auf Männer“).

Ebenso möglich ist das Signal ein Symbol für eine „Null“: insbesondere in Belgien, Frankreich und Tunesien signalisiert der Daumen-Zeigefinger-Ring häufig eine Null und drückt damit auch aus, dass etwas wertlos ist. Aber Vorsicht: in Tunesien wird die Geste eher als Beleidigung genutzt, um auszudrücken, dass jemand eine Null ist.

Jedes Emblem hat eine direkte verbale Übersetzung und wird ohne ergänzende Worte verstanden. Seine konkrete Bedeutung und damit auch seine Wirkung hängen aber von der jeweiligen sozialen Gruppe ab, z.B. der Kultur oder der Berufsgruppe.

So erkennen Sie den Daumen-Zeigefinger-Ring

  • die Hand wird mit der Handfläche in Richtung Empfänger hochgehalten
  • aus Daumen und Zeigefinger wird ein Ring geformt
  • für gewöhnlich wird die angehobene Hand mit einem kurzen Ruck nach vorne bewegt und friert kurz ein, bevor sie wieder abgesenkt wird

Der Präzisionsgriff bei Barack Obama

Der Daumen-Zeigefinger-Ring wird in der Gestenforschung auch als Präzisionsgriff bezeichnet, da er in dieser Funktion oft redebegleitend eingesetzt wird, um Worte zu unterstreichen. Barack Obama verwendete dieses Signal beispielsweise häufig in seinen Reden, um den Fokus auf eine bestimmte Information im gesprochenen Satz zu lenken. Hier diente sie dann als Rhythmusgeste. In anderen Fällen zeigte sie sich punktuell, um die Genauigkeit einer Aussage zu betonen. Zum Beispiel sagte Obama in der Präsidentschaftsdebatte 2008: „Lasst uns Klartext reden“, und führte dabei eine einzelne Präzisionsgeste aus.

Embleme in unterschiedlichen Kulturen

Was in der analogen Welt häufig der Daumen-Zeigefinger-Ring ist, ist in der digitalen Welt der gehobene Daumen. Er steht in den meisten Kulturen für „O.K.“ oder „Gefällt mir“, was durch die Einführung von Facebook inzwischen fast weltweit so gehandhabt wird.

Hier kommt jedoch auch das eigentliche Problem zum Tragen. Denn oft stecken hinter Emblemen kulturell ganz verschiedene Bedeutungen. Obwohl beispielsweise der gehobene Daumen in Nordgriechenland und Südsardinien eine sexuelle Beleidigung im Sinne von „F*** dich selbst“ ist, hat dies Facebook nicht davon abgehalten, auch in diesen Ländern den gehobenen Daumen als Gefällt-mir-Button einzuführen.

Quellen

Efron, D. (1941). Gesture and environment. Oxford, England: King’s Crown Press.

Kendon, A. (2004). Gesture. Visible Action as Utterance. New York, NY: Cambridge University Press.

Lempert, M. (2011). Barack Obama, being sharp: Indexical order in the pragmatics of precision-grip gesture. Gesture, 11(3), 241-270. doi:10.1075/gest.11.3.01lem

Matsumoto, D., & Hwang, H. C. (2013). Cultural Similarities and Differences in Emblematic Gestures. Journal of Nonverbal Behavior, 37(1), 1-27.

Morris, D. (2002). People Watching. The Desmond Morris Guide to Body Language. London: Vintage Books.

Morris, D., Collett, P., Marsh, P., & O’Shaughnessy, M. (1979). Gestures. Their Origins and Distributions – A New Look at the Human Animal. Great Britain: Triad.

 

 

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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