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Die meiste Zeit des Tages starren viele von uns auf den Bildschirm. Begegnen wir jedoch Menschen, z.B. beim Einkaufen, auf der Arbeit oder in Seminaren, gucken wir in der Regel als erstes in die obere Gesichtshälfte unseres Gegenübers. Unser Blickfeld verläuft instinktiv innerhalb von Augen und Nasenrücken, was in der Wissenschaft auch als soziales Blickfeld bezeichnet wird.

Da dieses nonverbale Zeichen nur zwischen zwei Personen stattfinden kann, gehört es in der Mimikresonanz®-Profibox zum Interpersonellen Bewegungsverhalten und dort zur Kategorie Blickverhalten (I1.2).

Was das Blickfeld bedeuten kann

  • Das soziale Blickfeld bildet den typischen Blickpfad gegenüber Fremden oder in geschäftlichen Situationen ab. Der Blick wandert nur zwischen den Augen hin und her und „rutscht“ manchmal minimal tiefer zum Nasenrücken.
  • Der Dreiecksblick (siehe oben im Bild) zwischen Augen und Mund ist meist als Flirtzeichen zu werten, taucht aber vereinzelt auch im Kontakt mit Freunden auf.
  • Am Anfang des Flirtens steht meist ein „Körper-Blickscan“. Hier wandert der Dreiecksblick von den Augen bis hinunter zum Körper.

Wie beim Blickkontakt hängt auch die Wirkung des Blickfelds stark von den begleitenden nonverbalen Signalen ab, insbesondere von der Mimik. Ein direkter Blickkontakt mit „stechenden Augen“ wirkt z.B. meist bedrohlich und löst eine direkte Stressreaktion aus. Der Blick aus einem freundlichen attraktiven Gesicht aktiviert hingegen das Belohnungsnetzwerk im Gehirn.

Das Blickverhalten spielt dabei nicht nur unter Menschen eine bedeutende Rolle, sondern auch zwischen Hunden und ihren Besitzern. Ein intensiver beidseitiger Blickkontakt sorgt hier bei beiden für eine vermehrte Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin.

So erkennen Sie das Blickfeld

  • das soziale Blickfeld: der Blickpfad bildet eine Fläche zwischen den Augen und dem Nasenrücken
  • das persönliche Blickfeld: der Blick „zeichnet“ ein Dreieck zwischen Augen und Mund (daher auch Dreiecksblick genannt)
  • das intime Blickfeld: das Blickfeld verläuft bis hinunter zum Körper (ebenfalls Dreiecksblick genannt)

Das Blickfeld und sexuelles Verlangen

Eine Eye-Tracking-Studie hat gezeigt: Bei Liebe bleibt der Dreiecksblick eher im persönlichen Blickfeld, bei sexuellem Begehren reicht er hingegen ins intime Blickfeld hinein. Je tiefer der Dreiecksblick, desto eher lässt dies auf sexuelles Interesse schließen. Neben dem intimen Blickfeld hat die Forschung zusätzlich vier weitere Merkmale für sexuelles Verlangen identifiziert: Lippen schürzen, Lippen lecken, Lippen beißen, Lippen mit den Händen berühren.

Das Blickfeld von Autisten

Während sich der Blick von Nichtautisten in alltäglichen Situationen im sozialen Blickfeld bewegt, lassen Autisten ihren Blick eher über Objekte wandern als über das Gesicht ihres Gegenübers. Allerdings: Je besser die soziale Kompetenz bei Autisten ausgeprägt ist, desto eher nutzen sie das persönliche Blickfeld zwischen Augen und Mund. Die Forscher, die dies herausfanden, vermuten, dass Autisten sich auf diese Weise auf die gesprochenen Worte konzentrieren, um den anderen besser zu verstehen.

Quellen

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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