Teilen Sie diesen Artikel!
Wenn Sie eine Frau sind, dann schlagen Sie beim Sitzen vermutlich häufig Ihre Beine übereinander. Wenn Sie ein Mann sind, dann wohl eher weniger oder nur in Ausnahmefällen. In meinen Seminaren beobachte ich häufig, wie vor allem Männer oft breitbeinig auf ihrem Stuhl sitzen und damit eigentlich schon eine Schwelle der Distanzzone zu ihrem Sitznachbarn oder ihrer Sitznachbarin überschreiten. Solche Männer sind meistens eher im Durchsetzungs-Motivfeld zu Hause.
Was der Öffnungsgrad der Beine bedeuten kann
Bei der Interpretation dieses Signals ist Vorsicht geboten, da Menschen häufig eine bestimmte Beinhaltung nur einnehmen, weil sie bequem oder gewohnt ist. Dennoch kann dieses Signal (L1.1) auf folgendes hinweisen:
- der Öffnungsgrad der Beine zeigt primär den aktuell und subjektiv empfundenen sozialen Status einer Person an. Personen, die sich in einer Situation in einem höheren Status fühlen, zeigen häufiger eine offene und vor allem ausgestreckte Beinhaltung und nehmen damit nonverbal mehr Raum ein (vor allem das Ausstrecken der Beine ist im Sitzen sehr expansiv).
- auch wenn geschlossene und überkreuzte Beine grundsätzlich ein Zeichen für Submission sind, so weisen am Fuß-Kniegelenk überkreuzte Beine (diese sind expansiv) auf ein hohes Statusempfinden hin
- bei Männern sind geschlossene, bei Frauen überkreuzte Beine ein negatives Flirtsignal
Der Öffnungsgrad der Beine verrät nicht nur etwas über das aktuelle Statusempfinden einer Person, sondern kommuniziert auch einen Status nach außen. Geschlossene und entweder an den Fuß- oder Kniegelenken überkreuzte Beine sowie eingezogene Füße wirken submissiv, während eine offene und raumeinnehmende Beinhaltung Dominanz vermittelt. Letzteres gilt auch für das expansiv wirkende Überkreuzen der Beine in der Variante Fuß-Kniegelenk. Gleichzeitig kann dieses Signal wie das Verschränken der Arme auf andere kühl und wenig empathisch wirken. Eine offene Haltung der Arme und Beine erhöht hingegen die Attraktivität und damit den Erfolg beim Flirten.
In der Mimikresonanz®-Profibox erfahren Sie übrigens, welchen Einfluss die Persönlichkeit auf den Öffnungsgrad der Beine haben kann.
So erkennen Sie den Öffnungsgrad der Beine
- Offene Beinhaltung: Die Beine sind geöffnet, sodass der Schambereich sichtbar ist.
- Geschlossene Beinhaltung: Die Beine berühren sich, die Fuß- oder Kniegelenke sind aber nicht überkreuzt.
- Überkreuzte Beinhaltung: Die Fuß- oder Kniegelenke sind überkreuzt, wobei es hier drei unterschiedliche Varianten gibt. Das Fußgelenk kann auf dem Kniegelenk liegen, die Kniegelenke liegen beide übereinander (wie es Frauen häufig tun) oder es sind nur die Fußgelenke gekreuzt.
In allen drei Beinhaltungen kann der Streckungsgrad variieren:
Die Beine können a) in neutraler Stellung (90° im Kniegelenk),
b) eingezogen (zum Beispiel unter einem Stuhl) oder c) ausgestreckt sein.
Manspreading, kulturelle Unterschiede und Emotionen
Der Öffnungsgrad der Beine verrät grundsätzlich nicht viel über die Emotionen einer Person, sondern mehr über das Statusempfinden. Dennoch kann auch eine Beinhaltung eine reine Gewohnheit sein, weshalb sich am ehesten etwas daraus ableiten lässt, wenn eine Person z.B. schlagartig die Beine öffnet oder überkreuzt. Hier muss jedoch zusätzlich auch auf weitere Veränderungen in der Gesamtkörpersprache geachtet werden.
Kulturell neigen bspw. Männer in den USA eher dazu, ihren Fuß auf dem Kniegelenk abzulegen, während europäische Männer eher die Knie-Knie-Überkreuzvariante wählen – wobei sie jedoch insgesamt eher zu einer offenen Beinhaltung im Vergleich zu Frauen tendieren. Für diese offene Beinhaltung gibt es sogar einen speziellen Begriff: das „Manspreading“.
Es beschreibt Männer, die im öffentlichen Raum durch ein sehr weites und V-förmiges Öffnen der Beine zwei bis drei Sitzplätze für sich beanspruchen. In einigen Metropolen der Welt, wie z.B. New York, San Francisco oder Madrid finden sich in öffentlichen Verkehrsmitteln mittlerweile Schilder, die auf ein Verbot des Manspreading hinweisen.
Quellen
Bailey, A. H., & Kelly, S. D. (2015). Picture Power: Gender Versus Body Language in Perceived Status. Journal of Nonverbal Behavior, 39(4), 317-337.
Cashdan, E. (1998). Smiles, Speech, and Body Posture: How Women and Men Display Sociometric Status and Power. Journal of Nonverbal Behavior, 22(4), 209-228.
Grammer, K., Kruck, K., Juette, A., & Fink, B. (2000). Non-verbal behavior as courtship signals: the role of control and choice in selecting partners. Evolution and Human Behavior, 21(371), 390.
Hall, J. A., Coats, E. J., & LeBeau, L. S. (2005). Nonverbal Behavior and the Vertical Dimension of Social Relations: A Meta-Analysis. Psychological bulletin, 131(6), 898-924.
Jane, E. A. (2016). ‘Dude … stop the spread’: antagonism, agonism, and #manspreading on social media. International Journal of Cultural Studies, 20(5), 459-475.
Keating, C. F. (2011). Channeling charisma through face and body status cues. Social psychological dynamics, 93-111.
Morris, D. (2002). People Watching. The Desmond Morris Guide to Body Language. London: Vintage Books.
Smith-Hanen, S. S. (1977). Effects of nonverbal behaviors on judged levels of counselor warmth and empathy. Journal of Counseling Psychology, 24(2), 87-91.
Tiedens, L. Z., & Fragale, A. R. (2003). Power moves: Complementarity in dominant and submissive nonverbal behavior. Journal of Personality and Social Psychology, 84(3), 558-568.
Vacharkulksemsuk, T., Reit, E., Khambatta, P., Eastwick, P. W., Finkel, E. J., & Carney, D. R. (2016). Dominant, open nonverbal displays are attractive at zero-acquaintance. Proc Natl Acad Sci U S A, 113(15), 4009-4014.