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Die Mehrabian-Regel besagt, dass in der in der Kommunikation Worte zu 7%, die Stimme zu 38% und die Mimik zu 55% wirken. Dieser Körpersprache-Mythos hält sich extrem hartnäckig, stimmt allerdings so nicht. Die Mehrabian-Regel, oder auch 7-38-55-Regel, kam Ende der 1960er Jahre durch zwei Studien des amerikanischen Psychologen Albert Mehrabian zustande. Allerdings war diese von dem Wissenschaftler selbst nie so gemeint. Im Laufe der Jahre wurde Mehrabian fälschlicherweise zitiert und so leiteten verschiedene Autoren diese Körpersprache-Regel ab – und verbreiteten sie.

Wie ein Missverständnis zum Mythos wird

Letztendlich handelt es sich bei der Entstehungsgeschichte dieses Körpersprache-Mythos um ein tragisches Missverständnis. Die besagten Studien des Psychologen und seiner Kollegen untersuchten dabei den inkongruenten Ausdruck in Wort und Stimme. Dazu wurden den Versuchsteilnehmenden positiv, neutral und negativ bewertbare Wörter in allen möglichen Kombinationen zu positiven, neutralen und negativen Stimmlagen vorgesprochen oder neutrale Worte mit positiven, neutralen und negativen Gesichtsausdrücken kombiniert. Die Teilnehmenden sollten dann bewerten, wie die Gefühle und Einstellungen der sprechenden Person sind.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Körpersprache bei den Teilnehmenden eine höhere Gewichtung für die Bewertung als die Stimme, und die wiederum eine höhere Gewichtung als das Wort an sich einnahm. So kamen in Summe die Prozentzahlen zustande. Allerdings ging es bei den Ergebnissen der Experimente nie um die generelle Wirkung von Worten im Vergleich zur Stimme und Mimik, sondern um Beobachtungen in Bezug auf Inkongruenzen.

Mehrabian bezieht zu dem daraus entstandenen Mythos der Körpersprache sogar selbst Stellung und stellt noch einmal spezifisch seine Ergebnisse heraus: Nur wenn Worte der Körpersprache widersprechen, werde die Kommunikation durch 93 % von Stimme und Mimik bestimmt und nur zu 7% durch das tatsächlich Gesagte.

Die gute Seite der Mehrabian-Regel

Obwohl es sich bei der 7-38-55-Regel auf die allgemeine Wirkung in der Kommunikation bezogen um einen Mythos handelt, hat dieser Irrtum auch eine gute Seite. Denn, ob es nun 99, 93 oder 50 % sind, welche die Körpersprache ausmachen: Fakt ist, wenn wir die Körpersprache in der Kommunikation nicht beachten, entgeht uns ein wichtiger Teil der mitgeteilten Informationen.

Wenn die Regel stimmen würde, wären wir wohl von Haus aus wahre Meister der Mimikresonanz. Die Fähigkeit, Mimik und Gestik zu deuten, wäre dann extrem ausgeprägt, da es sich ja um unser Hauptkommunikationsmittel handelt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Studien konnten zeigen, dass wir fast jeden zweiten Gesichtsausdruck entweder falsch interpretieren oder gar übersehen. Viele Menschen verlassen sich beinahe ausschließlich auf das gesprochene Wort. Dabei vernachlässigen sie eine wertvolle Informationsquelle in der Interaktion. Nur wenn wir das Nonverbale berücksichtigen, erkennen wir die gesamte Botschaft.

In dem Sinne werden die Erkenntnisse von Mehrabian, trotz falscher Interpretation, im Grunde nicht ausreichend wertgeschätzt. Die Fähigkeit Körpersprache zu entschlüsseln ist im Alltag elementar, um Kommunikation und Interaktion optimal zu gestalten.

Eilert, D. W. (2017). Reliable Emotional Action Decoding Test (READ-49): Testdokumentation. Retrieved from http://www.mimikresonanz.org

Mehrabian, A., & Ferris, S. R. (1967). Inference of attitudes from nonverbal communication in two channels. Journal Of Consulting Psychology, 31(3), 248.

Mehrabian, A., & Wiener, M. (1967). Decoding of inconsistent communications. Journal of Personality and Social Psychology, 6(1), 109.

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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