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Dieses nonverbale Signal kennen Sie vermutlich alle: Wenn Sie müde sind, gähnen Sie. Das Signal gehört in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Psychophysiologie und dort zur Kategorie Mund/ Hals (P4.2).
Was Gähnen bedeuten kann
- vor allem Müdigkeit, Stress und Langeweile
- sowohl bei Müdigkeit als auch bei Stress steigen das Stresshormon Cortisol und die Gehirntemperatur: diese Bewegung wiederum senkt diese
- die Gehirntemperatur steigt ebenfalls bei Langeweile
Auf andere wirkt dieses Signal meist negativ. Auf uns selbst hat es jedoch eine stimulierende Wirkung. Anders als gemeinhin angenommen, fördert Gähnen nicht den Schlaf, sondern aktiviert uns und hilft uns dabei, den Fokus sowie unsere Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten. Es stimuliert unser Arousal und kühlt gleichzeitig unser Gehirn messbar ab, indem durch einen gesteigerten Blutfluss in Gesicht und Gehirn – wie bei einer Klimaanlage – überhitztes Blut aus dem Kopf mit kühlerem Blut aus Lungen und Extremitäten ausgetauscht wird.
So erkennen Sie Gähnen
- der Mund wird weit geöffnet – begleitet von einer langen Einatmung, auf die eine kurze Atempause und eine schnelle Ausatmung folgen
- dies ist oft verbunden mit einem Schließen der Augen
- es kann auch Tränen auslösen
- manchmal versucht die Person, das Gähnen zu unterdrücken: es öffnet sich zwar der Kiefer, der Mund bleibt aber geschlossen
Gähnen ist ansteckend
Sehen Sie sich einmal das Bild oben an: Es ist sehr wahrscheinlich, dass Sie auch gähnen. Wenn wir jemanden diese Bewegung machen sehen, aktiviert dies die Spiegelneuronen in unserem Gehirn, die eine wichtige Grundlage für kognitive Empathie sind. Umso empathischer jemand ist, umso eher lässt er sich daher von anderen anstecken. Und je größer dabei die emotionale Nähe zwischen zwei Menschen ist, desto häufiger springt es über. Das ist übrigens ein speziesübergreifendes Phänomen. Sogar Hunde lassen sich vom menschlichen Gähnen anstecken.
Sauerstoffmangel?!
Ein Mythos rund um dieses Signal ist, dass es durch einen Sauerstoffmangel ausgelöst wird. Wer gähnt, bekommt deshalb gern den Tipp, an die frische Luft zu gehen. Dabei wurde bereits vor 30 Jahren wissenschaftlich bewiesen, dass Gähnen nicht der Sauerstoffzufuhr dient.
Quellen
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