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Das Rausstrecken der Zungenspitze oder der Zunge unterscheidet sich – wie viele andere Signale – nach bewusst und unbewusst. Tun wir dies bewusst und halten dabei noch unsere geöffneten Hände mit den Daumen an die Schläfen, ziehen wir eine Grimasse. Rutscht uns unsere Zunge hingegen unbewusst etwas aus dem Mund, deutet dies häufig darauf hin, dass wir uns konzentrieren. Oft zu beobachten bei Kindern, wenn sie eine für sie schwere Aufgabe erledigen.

Die Zunge gehört übrigens zu den größten Muskeln im menschlichen Körper – und das Rausstrecken der Zungenspitze in meiner Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Mimik. Es ist dort unter den Signalen von Mund und Kinn zu finden (F3.15).

Was das Rausstrecken der Zungenspitze bedeuten kann

  • Konzentration, insbesondere wenn wir eine feinmotorische Aufgabe ausführen, wie z.B. beim Einfädeln durch ein Nadelöhr
  • innerer Dialog, wenn die Zungenspitze seitlich rechts rausgestreckt wird (dadurch wird die linke Gehirnhälfte aktiviert, in der bei den meisten Menschen das Sprachzentrum liegt)
  • unausgesprochener Einwand, wenn sich die Zungenspitze kurz zeigt, während jemand zuhört
  • wird die Zunge gleichförmig wiederholend von einer Seite zur anderen bewegt, ist dies ein Hinweis auf Konzentration und Stressabbau
  • Ekel, wenn die Zunge bei geöffnetem Mund rausgeschoben wird: typisch bei Kindern, wenn sie etwas essen sollen, das ihnen nicht schmeckt

Ragt die Zunge nur ein kleines Stück zwischen den Lippen hervor, vermittelt dies den Eindruck der Konzentration. Strecken wir jedoch einer anderen Person die Zunge heraus, so wird dies weltweit als Beleidigung verstanden.

In Tibet und Südchina heißt ein leichtes Zeigen der Zungenspitze hingegen: „Ich habe es nicht so gemeint.“ In Tibet gilt das Rausstrecken der Zunge darüber hinaus als gängige Begrüßung. Strecken wir die Zunge allerdings raus und bewegen sie mehrmals von links nach rechts oder aus dem Mund raus und rein, transportiert dies nahezu weltweit eine sexuelle Aufforderung. In Saudi-Arabien sagt speziell das Raus- und Reinbewegen der Zunge indessen: „Du bist ein Lügner“.

So erkennen Sie das Rausstrecken der Zungenspitze

  • mindestens die Zungenspitze wird sichtbar
  • die Zunge ist so weit rausgestreckt, dass sie mindestens den inneren Rand der Lippen berührt

Die wohl berühmteste Zunge der Welt

Albert Einstein ist nicht nur für seine Relativitätstheorie weltberühmt, sondern auch für sein Foto, auf dem er die Zunge rausstreckt. Es entstand an seinem 72. Geburtstag, am 14. März 1951. Als er in ein Auto von Freunden einsteigen wollte, umringten ihn Journalisten. Ein Fotograf rief ihm zu: „Hey, Professor, lächeln Sie für Ihr Geburtstagsfoto, okay?“ Daraufhin zeigte Einstein scherzend den Gesichtsausdruck, der um die Welt gehen sollte und sein Image auf einen Schlag für immer veränderte.

Quellen

Faber, J. (1978). Great News Photos and the Stories Behind Them. Mineola, NY: Dover Publications Inc.

Forrester, G. S., & Rodriguez, A. (2015). Slip of the tongue: Implications for evolution and language development. Cognition, 141, 103-111.

Givens, D. (2002). The Nonverbal Dictionary of Gestures, Signs & Body Language Cues. From Adam’s-Apple-Jump to Zygomatic Smile. Spokane, Washington: Center for Nonverbal Studies Press.

Lausberg, H. (2011). Das Gespräch zwischen Arzt und Patientin: Die bewegungsanalytische Perspektive. Balint Journal, 12(01), 15-24.

Lundmark, T. (2009). Tales of Hi and Bye. Greeting and Parting Rituals around the World. Melbourne, Australia: Cambridge University Press.

Rozin, P., Lowery, L., & Ebert, R. (1994). Varieties of disgust faces and the structure of disgust. Journal of Personality and Social Psychology, 66(5), 870-881.

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Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

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