Teilen Sie diesen Artikel!

Machen wir ein kleines Experiment: Stellen Sie sich aufrecht in einem mehr als hüftbreiten Stand hin und stellen Sie die Hände in die Hüfte. Nehmen Sie so viel Raum ein wie möglich und bleiben Sie für eine Minute in dieser Haltung. Das ist das sogenannte Power Posing. Wie fühlen Sie sich?

Eine solche Körperhaltung hat einen großen Bekanntheitsgrad. Laut der Psychologin Amy Cuddy erhöht es sogar den Testosteron-Spiegel und senkt Cortisol – so zumindest die Aussage. Allerdings handelt es sich hierbei um einen Mythos der Körpersprache, denn dieser kausale Zusammenhang wurde bisher in keiner Studie bestätigt.

High Power Pose

Die Geschichte des Power Posing

Das Power Posing hat eine steile Karriere hinter sich. Im Jahr 2012 stellte die Psychologin Amy Cuddy in ihrem TED-Talk das Ergebnis ihrer Studie vor. Sie fragte sich, ob das bewusste einnehmen bestimmter Posen (High-Power-Posen) den Hormonspiegel einer Person und das subjektive Gefühl von Macht beeinflussen kann. Ihr Ergebnis lautete: Ja.

Und diese Erkenntnis schoss regelrecht durch die Decke. Mit über 50 Millionen Views bleibt Cuddys Vortrag auf Platz zwei der beliebtesten TED-Talks aller Zeiten. Die Idee, dass sich durch diese bestimmte Haltung der Hormonspiegel positiv beeinflussen lässt, verbreitete sich sehr schnell und hält sich bin heute hartnäckig als Körpersprache-Mythos.

Allerdings scheiterte die Forschung bislang, Cuddys Studienergebnisse zu replizieren. 2016 veröffentlichte eine Co-Autorin der Studie, Dana Carney, sogar ihr Statement, dass sie nicht an den Effekt des Power Posings glaube.

Die Wirkung von Power Posing

Die Theorie, Power Posing erhöhe Testosteron und senke Cortisol, ist zwar ein Körpersprache-Mythos und nicht nachweisbar. Allerdings konnte eine große wissenschaftliche Meta-Analyse zeigen, dass sich High-Power-Posen positiv auf unseren emotionalen Zustand auswirken. Eine solche High-Power-Pose ist beispielsweise ein mehr als Hüftbreiter Stand und die Hände in die Hüften gestemmt. Führen wir Power Posing mit so einer raumeinnehmenden Körperhaltung für nur ein bis zwei Minuten durch, fühlen wir uns sicherer und kraftvoller.

Das bedeutet, obwohl sich im Hormonhaushalt keine Veränderungen feststellen lassen, wirken sich High-Power-Posen auf das subjektive Empfinden aus. Diese Form des Embodiments lässt sich gut im Coaching-Kontext einsetzen. Beispielsweise können Sie Ressourcen wie Selbstbewusstsein und authentischen Stolz durch Power Posing ankern und emotional vertiefen.

Cuddy, A. J. C., Schultz, S. J., & Fosse, N. E. (2018). P-Curving a More Comprehensive Body of Research on Postural Feedback Reveals Clear Evidential Value For Power-Posing Effects: Reply to Simmons and Simonsohn (2017). Psychological Science, 0956797617746749. doi:10.1177/0956797617746749

Ranehill, E., Dreber, A., Johannesson, M., Leiberg, S., Sul, S., & Weber, R. A. (2015). Assessing the robustness of power posing: No effect on hormones and risk tolerance in a large sample of men and women. Psychological Science, 26(5), 653-656. doi:10.1177/0956797614553946

Teilen Sie diesen Artikel!

Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

Hinterlassen Sie einen Kommentar