Teilen Sie diesen Artikel!

Im Gerichtssaal können Sie es sehr häufig beobachten: Die Angeklagten sitzen meist mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf auf der Anklagebank. Sie fühlen sich schuldig, schämen sich oder sind schlicht gelangweilt von der sich in die Länge ziehenden Gerichtsverhandlung. Ihre Körpersprache geht mit der Gravitation, ist also pro-gravitativ. Pro-Gravitationsgesten gehören in der Mimikresonanz®-Profibox zum Beobachtungskanal der Gestik und dort zu den Emotionsgesten (G4.3).

Was Pro-Gravitationsgesten bedeuten können

  • Trauer, Scham, Schuld oder Langeweile
  • typisch für Scham und Schuld sind eingefallene Schultern und ein nach unten gesenkter Kopf
  • bei Trauer lassen wir den Kopf hängen, unsere Körperhaltung fällt ein und/ oder wir lassen die Arme kraftlos herabfallen
  • bei Langeweile legen wir u.a. das Gewicht unseres Kopfes in die Hand
  • signalisiert typischerweise ein aktiviertes Harmonie-Motivfeld

Achtung: Wir lassen uns auch in die Schwerkraft fallen, wenn Anspannung von uns abfällt, z.B. bei Erleichterung oder Entspannung. Beachten Sie deshalb stets die begleitenden nonverbalen Signale.

So erkennen Sie Pro-Gravitationsgesten

  • der Widerstand gegen die Schwerkraft wird aufgegeben (die Person lässt sich quasi in sie hineinfallen und geht mit der Gravitation)
  • echte Emotionsgesten treten immer mit einer der Emotion entsprechenden Mimik und Körperhaltung auf: Gesicht, Oberkörper und Kopf sind involviert

Eine „pro-gravitative“ Körpersprache im Sinne einer hängenden, eingefallenen Körperhaltung lässt uns kränklich sowie weniger attraktiv und damit submissiv wirken.

Gravitationsgesten beeinflussen Empfinden

Redewendungen wie „am Boden zerstört sein“ oder „vor Freude in die Luft springen“ kommen nicht von ungefähr. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass wir mehr Kraft haben und uns eher an positive Erlebnisse erinnern, wenn wir uns freuen und uns bewusst in der Körperhaltung aufrichten. Ist unsere Körpersprache hingegen nach unten gerichtet, haben wir weniger Kraft und denken eher an negative Momente. Gravitationsgesten können daher auch für das eigene Emotionsmanagement enorm hilfreich sein.

Quellen

Bull, P. (1978). The interpretation of posture through an alternative methodology to role play. British Journal of Social and Clinical Psychology, 17(1), 1-6. 

Casasanto, D., & Dijkstra, K. (2010). Motor action and emotional memory. Cognition, 115(1), 179-185.

Ferguson, T. J., Brugman, D., White, J., & Eyre, H. L. (2007). Shame and Guilt as Morally Warranted Experiences. In J. L. Tracy, R. W. Robins, & J. P. Tangney (Eds.), The Self-Conscious Emotions: Theory and Research (pp. 330-348). New York, NY: The Guilford Press.

Guéguen, N., Stefan, J., & Renault, Q. (2016). Judgments toward women wearing high heels: a forced-choice evaluation. Fashion and Textiles, 3(1), 6.

Keltner, D., & Buswell, B. N. (1996). Evidence for the distinctness of embarrassment, shame, and guilt: A study of recalled antecedents and facial expressions of emotion. Cognition and Emotion, 10(2), 155-171.

Keltner, D., & Cordaro, D. T. (2017). Understanding multimodal emotional expressions: Recent advances in basic emotion theory. In J.-M. Fernández-Dols, J. A. Russell, J.-M. Fernández-Dols, & J. A. Russell (Eds.), The science of facial expression. (pp. 57-75). New York, NY, US: Oxford University Press.

Lausberg, H. (2017). NEUROGES – Coding Manual III. Köln.

Peper, E., Lin, I. M., Harvey, R., & Perez, J. (2017). How Posture Affects Memory Recall and Mood. Biofeedback, 45(2), 36-41.

Tracy, J. L., & Matsumoto, D. (2008). The spontaneous expression of pride and shame: Evidence for biologically innate nonverbal displays. Proceedings of the National Academy of Sciences, 105(33), 11655-11660.

Wallbott, H. G. (1998). Bodily expression of emotion. European Journal of Social Psychology, 28(6), 879-896.

Williams, A. (2002). Facial expression of pain, empathy, evolution, and social learning (Vol. 25).

Teilen Sie diesen Artikel!

Über den Autor: Dirk W. Eilert

Dirk W. Eilert, Jahrgang 1976, ist Experte für emotionale Intelligenz und Entwickler der Mimikresonanz®-Methode sowie des emTrace®-Coachingansatzes. Als einer der führenden Mimik- und Körpersprache-Experten im deutschsprachigen Raum ist seine Expertise regelmäßig in Radio, TV und Printmedien gefragt. Dirk W. Eilert ist verheiratet und hat zwei Töchter. Er lebt in Berlin und leitet dort seit 2001 die Eilert-Akademie.

Hinterlassen Sie einen Kommentar